Oftmals wird die Verwertung von Abfall mit dicken Rauchwolken und Gestank in Verbindung gebracht. Dass gerade Abfall viele wertvolle Stoffe enthält, welche der Schweiz bei der Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energien helfen könnten, das ist vielen nicht bewusst.
Rund die Hälfte der Abfälle besteht aus erneuerbaren Ressourcen. In einer KVA werden für die Stromproduktion Turbinen eingesetzt. Strom dieser Art gilt zu 50% als erneuerbar. Neben Strom kann auch aus der Abwärme, die während den Abfallverwertungsprozessen freigesetzt wird, Wärme gewonnen werden. In den meisten Fällen wird diese in ein Fernwärmenetz eingespeist und kann so Gebäude oder gar ganze Quartiere beheizen.
125'000 Tonnen Abfall für Strom, Dampf und Wärme
130 Gemeinden deponieren bei der KVA Thun jährlich den Abfall ihrer rund 350'000 Einwohner und Einwohnerinnen. So werden 125'000 Tonnen brennbare Abfälle aus der Siedlung, Industrie oder dem Gewerbe und 20'000 Tonnen Klärschlamm thermisch verwertet, um Energie für Strom, Dampf und Fernwärme zu gewinnen.
eicher + pauli setzt seit der Gründung 1986 auf Innovation und neue technische Lösungen für eine sichere, energieeffiziente und möglichst CO₂-freie, erneuerbare Energieversorgung.
Eine KVA ist mittlerweile eine hoch technologisierte Anlage
Die Kehrichtverwertungsanlage (KVA) Thun trägt zur Wärmelieferung von hunderten von Gebäuden im Raum Thun bei. Dieser Prozess lässt sich wie folgt zusammenfassen: Mit der in der KVA gewonnenen Abwärme wird Wasser für das Fernwärmenetz aufgeheizt und so zu den am Fernwärmenetz angeschlossenen Gebäuden transportiert. In diesen Gebäuden wird dem Heizungswasser die Wärme über einen Wärmetauscher entzogen und an das Heizungssystem des jeweiligen Gebäudes übertragen. So können Einzelhäuser, Mehrfamilienhäuser oder ganze Quartiere beheizt werden. Das abgekühlte Wasser fliesst zur Wärmequelle zurück, also in die KVA, wo es mit der Abwärme wieder aufgeheizt wird.
Dabei handelt es sich um einen hoch technologisierten Prozess. Für das KVA Thun hat das Ingenieurbüro eicher+pauli die Planung übernommen. Die Stiftung KliK hat mit dem Inhaber Hanspeter Eicher gesprochen, der unter anderem auch das Projekt KVA Thun geführt hat.
Für Gemeinden sehe ich die grösste Chance mit Projekten wie diesem fossile Brennstoffen zu ersetzen und damit bei der Umsetzung der Netto Null CO2 Strategie des Bundesrates bis 2050 einen Beitrag zu leisten.
Interview mit Hanspeter Eicher, Inhaber des Ingenieurbüros eicher+pauli AG
Bei der KVA Thun handelt es sich um ein Riesenprojekt, bei dem mehrere Gemeinden, tausende Einwohner und hunderte Gebäude mit Fernwärme, erzeugt aus der Abwärme der KVA, beliefert werden.
Stiftung KliK: Wie hat eicher+pauli als Ingenieurbüro die Planung für die Abwärmenutzung aus der KVA Thun vorgenommen, so dass heute die vorhandenen Ressourcen optimal genutzt werden können?
Hanspeter Eicher: Im Auftrag der AVAG als Besitzerin der KVA haben wir im Rahmen einer strategischen Planung untersucht, welche Gebiete in den umgebenden Gemeinden Thun, Steffisburg, Uetendorf und Heimberg für die wirtschaftliche Realisierung einer Fernwärmeversorgung geeignet sind und einen entsprechenden Versorgungsplan ausgearbeitet. Für die Versorgung der Gemeinden Steffisburg, Thun und Uetendorf hat die AVAG mit den lokalen Energieversorgern Energie Thun AG und Netzulg AG die Fernwärme Thun AG gegründet. Diese übernimmt Abwärme aus der KVA und leitet sie in die Gemeinden weiter, wo Energie Thun und Netzulg die Wärme übernehmen und an die Endkunden weiterleiten. eicher+pauli hat in diesem Prozess die Fernwärme Thun AG strategisch beraten und auch die inhaltliche Basis für die Wärmelieferverträge erarbeitet.
In einem ersten Schritt wurde von eicher+pauli dann eine Fernleitung Richtung Gemeinde Heimberg geplant welche seit 2019 die Abwasserreinigungsanlage Thun, das Sportzentrum cis-Heimberg und Schulgebäude in Heimberg mit Wärme versorgt. Im Auftrag der Fernwärme Thun plant eicher+pauli die Fernwärmeleitungen zu den Übergabestellen von Netzulg und Energie Thun für die Versorgung von Steffisburg, Thun und Uetendorf sowie für Energie Thun auch das Wärmeverteilnetz in einem der Versorgungsgebiete.
Was war die grösste Herausforderung?
Die Gründung der Fernwärme Thun AG als Verbindungsglied zwischen der AVAG als Wärmeerzeuger und den Energieversorgern Netzulg AG und Energie Thun AG. Und weiter auch die Findung und Festlegung des Trasses des gesamten Fernwärmenetzes, in einem sehr kurzen Zeitraum.
Welche Aufgaben haben Sie übernommen?
Bei eicher+pauli haben wir die Aufgabe in zwei Teile aufgeteilt:
Erstens die von mir geleitete strategische Planung des Fernwärmeausbaus und die Gründung der Fernwärme Thun AG.
Zweitens die Planung der Wärmeauskopplung aus der KVA durch eicher + pauli und die Planung des Wärmeverteilnetzes bei welchem e+p für die Planung des Rohrleitungsnetzes und das Büro Bührer + Dällenbach für die Planung der Tiefbauarbeiten zuständig ist.
Die Nutzung der Abwärme einer KVA ist ein gutes Beispiel für Kreislaufwirtschaft. Abfall wird verbrannt und es wird Elektrizität in das elektrische Netz eingespeist und Abwärme über ein Fernwärmenetz für die Beheizung von Gebäuden und für Prozesse genutzt. Worin sehen Sie für Gemeinden die grössten Chancen, örtliche KVAs zur Wärmeerzeugung einzusetzen?
Beim Ersatz von fossilen Brennstoffen und damit bei der Umsetzung der Netto Null CO₂-Strategie des Bundesrates bis 2050.
Abwärme als «Abfall» vom Abfall ist eigentlich eine natürliche, erneuerbare Ressource. Der Bevölkerung fehlt dieses Bewusstsein oftmals. Die Ingenieure von eicher+pauli arbeiten sicherlich fortlaufend an technischen Lösungen. Was sind die neusten Errungenschaften/Entwicklungen?
Wir von eicher+pauli setzen seit der Gründung 1986 auf Innovation und neue technische Lösungen für eine sichere, energieeffiziente und möglichst CO₂-freie, erneuerbare Energieversorgung. Davon zeugt der fünfmalige Gewinn des Watt d’Or, einer Auszeichnung des Bundesamtes für Energie für aussergewöhnliche Leistungen im Energiebereich. Unsere jüngsten Errungenschaften sind Lösungen für die gesamte technische und energetische Infrastruktur für die Energieversorgung von Arealen und für die Versorgung von industriellen Prozessen mit erneuerbarer Prozesswärme und Kälte.
Das Ergebnis: Tausende Bezüger aus 130 Gemeinden wurden an ein 34 Kilometer langes Fernwärmenetz angeschlossen. Gemäss Prognose können bis zum Jahr 2030 über 82'000 Tonnen CO₂ eingespart werden. Daraus resultiert ein Förderbeitrag von 8,2 Millionen Franken.
Merkmale Fernwärme Thun
Wärmeverbund
Fernwärme Thun
Beteiligte
Projekteigner: AVAG KVA AG, Energie Thun AG, Netzulg AG
Wärmequelle
Abwärme Kehrichtverwertungsanlage > 90%. Spitzenabdeckung und Redundanz mit Erdgas < 10% der gelieferten Wärme im Endausbau 2038
Trassenlänge
34 km
Wärmeenergie / Jahr
70000 MWh/a (2038)
Wirkungsbeginn
Thun Nord 2018, Thun Süd 2021
Förderung
Erneuerbare Energien tragen zum Erreichen der CO₂-Ziele der Schweiz bei. Die Förderung der Stiftung KliK dient der Erfüllung der Kompensationspflicht der fossilen Treibstoffimporteure.
Prognose bis 2030
82’000 Tonnen CO₂ Emissionsverminderungen
Finanzierung
Eigenfinanzierung; Finanzhilfen (Stiftung KliK)
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Die KVA Thun versorgt jährlich 4 Gemeinden mit Wärme und Storm
Bild: avag AG
Wärmeverbund mit Abwärme: 5 starke Argumente
Regionale Ressourcen
Abwärme-Energie, die sowieso von der Industrie erzeugt wird, ist nicht nur klimafreundlicher, sondern schafft Unabhängigkeit von ausländischen Brennstoff-Märkten
Klimapolitik
Erneuerbare Energien und Abwärme tragen zur Erreichung der CO₂-Ziele der Schweiz bei.
Wertschöpfung
Abwärmenutzung und Wärmenetze garantieren eine höhere Wertschöpfung.
Versorgungssicherheit
Wärmenetze garantieren eine langfristige und sichere Wärmelösung von Fachleuten, dies mit einem 24h Serviceangebot.
Mehr Komfort
Bezüger profitieren von einer konstanten Wärmelieferung ohne Unterbruch (keine Wartung nötig, keine Ausfälle) und sparen Platz im eigenen Haus (Heizungsraum nicht mehr nötig).
Spannendes aus der Branche: Unsere Wärmeverbünde auf der Schweizer Karte
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